Dieses Jahr hat mich mein Egotrip nicht einfach irgendwohin verschlagen... Nein. Dieses Jahr hab ich mir Island ausgesucht! Ausserdem wurde es dieses Mal auch kein Städtetrip und auch nicht "nur" ein Wochenende. Ganze 6 Tage bin ich alleine mit einem Offroader auf den Strassen und Kieswege von Island unterwegs gewesen. Das war wohl eine der eindrücklichsten Reisen, die ich je gemacht habe...
Aber nun mal ganz von vorne.
Am Mittwoch, 18. Juni 2014 bin ich pünktlich um kurz nach 15.00 Uhr Island-Zeit gelandet und wurde dort von meinem Autovermieter per Shuttlebus abgeholt. Ich hatte mir im Vorfeld einen Suzuki Jimny (der kleinste erhältliche 4WD) gemietet. Der freundliche Vermieter musste mich dann darauf hinweisen, dass sie leider keine Suzukis mehr vermieten, ich bekäme jetzt einen Chevy Captiva. Wer was von Autos versteht weiss, der ist um einiges grösser als der Jimny!! Und zwar so gross, dass ich nach Runterklappen der Rücksitze problemlos im Kofferraum liegen konnte. Wegen des Jimnys hatte ich mich natürlich darauf eingestellt, im Zelt schlafen zu müssen und auch extra noch eins gekauft! Hätt ich das nur im Voraus gewusst... Na macht nix!
Erster Programmpunkt an diesem nicht mehr so langen Tag war dann die berühmte Blaue Lagune, kaum 20 Minuten vom Flughafen entfernt. Hier kann man im herrlich warmen, milchig babyblauen Wasser wunderbar entspannen und sich nach Lust und Laune eine Maske mit Schlamm ins Gesicht schmieren.
Das witzige an dieser ganzen Lagune ist eigentlich, dass das Wasser nicht etwa aus einer warmen Quelle aus der Erde kommt. Es handelt sich dabei um einen Abwassersalzsee des geothermischen Kraftwerks Svartvengi. Das Kraftwerk liegt in einem Hochtemperaturgebiet mit Salzwasserquellen, die Temperaturen bis zu 240° Grad erreichen. Mit dem heissen Wasser wird kaltes Süsswasser erwärmt, das zur Beheizung der Ortschaften und des Flughafens auf Reykjanes genutzt wird. Ausserdem wird damit auch Strom erzeugt. Das tut dem Badevergnügen, welches übrigens auf Grund seiner Mineralhaltigkeit auch sehr gesund ist, keinen Abriss.
Am Donnerstag, 19. Juni 2014 bin ich dann dem Atlantik nach Richtung Osten gefahren. Den ersten Stop hab ich beim Seljalandsfoss eingelegt. Ein schöner Wasserfall, hinter dem man auch durchgehen kann.
Der nächste Halt war kurz darauf der Skògafoss. Bei dem konnte man einem steilen Weg hinauf folgen und ihn von ganz oben betrachten. Aber man konnte unten auch ungehindert bis ganz drunter kommen. Das war schon speziell.
Zum Mittagessen (Cup Noodles auf dem Gaskocher) war ich in Vìk y Myrdal. Wunderschöne Aussicht am Strand, aber ansonsten nicht viel.
Autofahren in Island kann eine ziemlich einsame Sache sein. Auf der Ringstrasse, die einmal rund um die ganze Insel führt und die am besten ausgebaute Strasse ist, kann man schon mal 20 Minuten oder länger fahren, bevor einem wieder jemand entgegenkommt. Und das in der Hauptsaison...Geschwindigkeitsmaximum von 90km/h. Man sollte aber immer so um die 100km/h fahren, sonst wird man immer wieder von Isländern überholt. Polizei trifft man höchst selten und Radarfallen werden einem früh genug angekündigt...
Gegen den frühen Abend bin ich nach Skaftafell gekommen. Da hat es einen tollen Zeltplatz mit allem Luxus. Ausserdem ist er auch ein toller Ausgangspunkt für kleinere Wanderungen. Ich wollte mir den Svartifoss anschauen, wegen seiner interessanten Gesteinsformation. Nach gut einer halben Stunde bin ich dann auch angekommen.
Und weil es halt immer noch hell war, beschloss ich, über den Grat weiter zu wandern, um dann von oben her an den Gletscher zu kommen. Unterwegs hab ich beinahe diesen Vogel übersehen, der schlicht nicht von der Stelle wich. Ich konnte näher als einen Meter an ihn heran und der blieb einfach sitzen. Hat sich wohl voll und ganz auf seine Tarnung verlassen.
An der höchsten Stelle musste dann auch mal ein Selfie her! :-)
Danach ging es auch gar nicht mehr so lange und ich konnte über die Kuppe den Gletscher sehen. Ein echt toller Anblick.
Der Weg hinab war dafür beinahe halsbrecherisch steil. Gottseidank bin ich den Weg nicht umgekehrt gegangen...sonst hätt ichs mir wohl anders überlegt.
Aber die Aussicht und die ganzen Pflanzen waren echt schön.
Wieder unten beim Zeltplatz entschied ich mich, dass um 20 Uhr noch nicht Feierabend sein kann. Also fuhr ich weiter bis zu meinem östlichsten Ziel: die Gletscher-Lagune Jökulsàrlon.
Ich muss sagen, dass dies wohl der Ort war, der mich mit Abstand am meisten begeisterte. Obwohl ich nicht mal sagen kann wieso genau. Lag es am Eis, an den Farben oder war es der Gedanke, dass man nebst dieser Naturgewalt als Mensch ziemlich mickrig und unbedeutend ist...
Der Atlantik hat hier knackige 2° Grad, statt Muscheln werden hier kleinere und grössere Eisblöcke an den schwarzen Vulkansandstrand gespült.
Am nächsten Morgen (Freitag, 20. Juni 2014) hab ich mit einem Amphibienfahrzeug eine Fahrt durch die Lagune gemacht, aber die hätte ich mir auch sparen können. Vom Strand aus sieht man genau so viel...
Mit meinem Captiva fuhr ich jetzt wieder Richtung Westen. Beim Zeltplatz in Skaftafell hab ich ein französisches Pärchen aufgelesen, die per Anhalter unterwegs waren. Ich erzählte ihnen, dass ich gerne nach Landmannalaugar wollte, mir aber der Autovermieter gesagt hätte, die Strasse sei noch gesperrt. Sie meinten jedoch, sie hätten gestern mit Leuten gesprochen, die am Donnerstag da waren. Also machten wir uns auf den Weg Richtung Landmannalaugar. Bevor wir die asphaltierte Strasse verliessen, klopften wir bei einer Isländerfamilie an und fragten nach, ob die Strasse nun offen sei. Diese bejahte, sie sei seit Donnerstag wieder offen. Also fuhren wir los. Ich muss ehrlich sagen, dass ich froh war, die beiden mitgenommen zu haben. Diese Strasse alleine zu fahren, wäre vielleicht nicht die beste aller Ideen gewesen. Schliesslich darf sie nur mit 4WD-Fahrzeugen befahren werden.
Wenn jemand mal wissen möchte, wie klein, unbedeutend und dem Planeten Erde nicht gewachsen der Mensch ist, fahrt diesen Weg entlang. Bis zum Horizont siehst du kein Zeichen irgendeiner Zivilisation, stundenlang. Die Strasse war eigentlich gar nicht soo schlecht. Wir mussten auch nur ungefähr 20 Bäche und Flüsse durchqueren. Aber ausser etwas Gras, Moos und Flechten sieht man hier nur Hügel, Sand und Steine.
Kommt man dann unversehrt in Landmannalaugar an, erwartet einen eine siedend heisse Quelle, die in einen kühleren Bach fliesst. Hier lässt es sich definitiv ein paar Stunden aushalten. Vor allem wenn man dabei auf eine Handvoll Schweizer trifft! Oder sich mit Deutschen über Gott und die Welt unterhalten kann.
Der Zeltplatz ist allerdings nicht gerade sehr komfortabel. Bevor man sich hier zur Ruhe bettet, muss man einiges an Steinen beiseite schaffen. Das war dann auch der Grund, warum ich zusammen mit den Franzosen entschied, nicht hier zu übernachten.
Wir fuhren noch weiter bis nach Selfoss. Übrigens, von wegen nur mit 4WD nach Landmannalaugar... Etwas überrascht stellten wir dort fest, dass ganze Car-Ladungen diesen Weg auf sich nehmen und bis zur Quelle fahren... Und zwar organisierte Reisen von Reykjavik aus!
Auf dem Zeltplatz in Selfoss wollten die Franzosen dann über Nacht bleiben. Vorher wollten wir uns aber noch den WM-Match Schweiz-Frankreich anschauen. Ich sitze also als einziger Schweizer zusammen mit etwa 10 Franzosen im Gemeinschaftsraum des Zeltplatzes und lasse dieses katastrophale Spiel über mich ergehen...
Danach entschied ich mich, noch etwas weiter zu fahren, da ich mit meinem Auto ja überall schlafen kann und nicht auf den Zeltplatz angewiesen bin. Ich verabschiedete mich von den Franzosen und fuhr Richtung Geysir.
Einfach gigantisch oder? Bei diesen Bildern ist es 23 Uhr nachts... Und weil ich immer noch nicht genug hatte, fuhr ich noch weiter bis zum Gulfoss (goldener Wasserfall). Der ist auch nicht ohne... und das um 24 Uhr.
Am Samstag Morgen (21. Juni) fuhr ich nach Pingvellir. Das ist sozusagen der Geburtsort. Dort wurde 930 der erste isländische Freistaat verkündet und am 17. Juni 1944 die Republik Island ausgerufen.
Geologisch ist dieser Ort insofern interessant, als dass da die tektonischen Platten von Europa und Amerika aufeinander treffen. Dies sieht man an den kilometerlangen Spalten mit glasklarem Wasser. Man kann bis auf den Grund sehen (ca 20-30 Meter).
Die Pingvallakirkja
Nach Pingvellir ging es für mich weiter nach Reykjavik, der Hauptstadt Islands. Eigentlich war mir nicht nach so vielen Leuten und nach Stadt. Aber die gehört nun mal auch dazu. Ich parkte mein Auto mitten in der Stadt und begab mich auf die Shoppingmeile.
Nach ungefähr zwei Stunden hatte ich alles gesehen, was ich unbedingt sehen wollte. Die obligatorischen Sehenswürdigkeiten sozusagen. Am besten hat mir die Hallgrimskirkja gefallen. Obwohl die Architektur nicht unbedingt mein Geschmack ist (ich mag es da doch altmodischer und traditionell), hatte man vom Turm aus eine gute Aussicht auf die Stadt.
Im Grossen und Ganzen hat mir die Hauptstadt nicht wirklich zugesagt. Mir hat der Charme gefehlt.
Ich beschloss, da ich schon mal hier war, eine Whale Watching Tour zu machen. Um 17 Uhr ging es los. Gemütlich schipperten wir auf den Atlantik raus. Unterwegs machte ich Bekanntschaft mit einem Belgier, der auch alleine unterwegs war. Nach einer Stunde hatten wir die richtige Stelle erreicht und sofort sichteten wir Zwergwale (ca 30 Meter Entfernung). Allerdings sah man ausser den Rückenflossen nicht viel. Nach 20 Minuten intensivem Wellengang fing mein Magen an zu rebellieren und ich verzog mich unter Deck. Dort blieb ich dann, bis wir nach beinahe 3 Stunden wieder zurück waren. Somit hatte sich auch dieser Ausflug nicht so richtig gelohnt.
Der Belgier wollte mich noch zum Abendessen einladen, mein Magen war da anderer Meinung. Also verabschiedete ich mich und fuhr noch Richtung Norden, bis ich ein nettes Plätzchen zum Übernachten gefunden hatte.
Am Sonntag Morgen (22. Juni) fuhr ich wieder Richtung Süden, genauer gesagt nach Hveragerdi. Vom Autoverleiher hatte ich den Tipp bekommen, dass sich hier eine schöne heisse Quelle befindet.
Nach kurzer Rückfrage bei der Tourist Info fand ich den Parkplatz dazu auch sehr einfach. Nun hiess es 1 Stunde wandern, bis zum warmen Gebirgsbach.
Der Aufstieg hatte sich wirklich gelohnt. Am Anfang ging es ziemlich bergauf, aber danach mehr oder weniger gerade aus. Ab und zu etwas morastig. Am Bach angekommen, lagen schon etwa 20 Leute drin. Ich hab mir dann etwas unterhalb ein gemütliches Plätzchen ausgesucht und mich eine Stunde gut durchgegart.
Nach dem Abstieg fuhr ich weiter der Küste nach. Über Porlàkshöfn und Grindavìk nach Reykjanesviti. Hier gab es ein ziemlich schweflig riechendes Loch. Aber die Landschaft war farblich echt schön.
Gleich bei der nächsten Abzweigung kam ich zu diesen hammermässigen Klippen! Da kannst du bis ganz vorne an den Abgrund stehen (oder besser liegen) und 40 Meter runter gucken. Ein krasses Gefühl. In den steilen Wänden haben grosse Möwen gebrütet.
Etwa 100 Meter im Landesinnern steht dieser Leuchtturm, den sieht man schon von weitem.
Für meine letzte Nacht bin ich an den Strand von Gardur gefahren. Dort hat es einen seeehr einfachen Zeltplatz (WC und Wasserhahn), dafür ist er gratis. Die Sonne hat geschienen wie noch selten in den letzten Tagen und ich habe einen Barfuss-Strandspaziergang bei 12° Grad gemacht. Der schwarze Sand war angenehm warm, das Wasser auf jeden Fall wärmer als 2° Grad, aber wohl auch keine 10° Grad.
Geschlafen hab ich ja die ganze Woche nie wirklich gut. Wenn einem um Mitternacht immer noch fast die Sonne an den Kopf scheint, ist das auch schwierig. In der vorletzten Nacht hatte ich dann die Idee, meinen grossen Koffer auszuleeren und ihn umgekehrt wie ein Zelt im Kofferraum aufzustellen. Vorne und hinten hab ich mit Kleidern abgedeckt und dann den Kopf zum Schlafen reingesteckt. Herrlich!
Am Montag 23. Juni verbrachte ich den halben Morgen mit hin und her fahren zwischen Autovermieter und Tankstelle. Anscheinend war beim ersten Mal tanken der Tank nicht bis zum Anschlag voll...Aha. Gottseidank war ich viel zu früh dran, sonst hätte ich echt Stress bekommen. Gegen Mittag konnte ich meinen liebgewonnenen Captiva endlich ohne Reklamation oder Schaden abgeben (dass ich in Landmannalaugar noch beinahe das Nummernschild verloren hatte und es zwei Tage lang im Kofferraum lag, musste der Typ ja nicht wissen).
Das schönste am Heimflug war, als endlich nach 6 Tagen die Sonne wieder einmal unterging. Ich hab im Flugzeug gesessen und eine halbe Stunde lang zum Fenster rausgeschaut, wie die Sonne von einer leuchtend gelben zur knallig orangen und dann zur feuerroten und kühlen violetten Kugel wurde. Noch nie hab ich mich so an einem Sonnenuntergang erfreut und ihn dermassen genossen. Trotzdem schwang auch eine gewisse Wehmut mit, denn schliesslich signalisierte dies gleichzeitig auch meinen Abschied von diesem überwältigenden Eiland.
Ich habe auf jeden Fall vor, wieder nach Island zurück zukommen. Das nächste Mal allerdings im Winter um die Aurora Borealis, das Nordlicht zu sehen.
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